Ist es dir auch schon einmal so gegangen, dass du Yoga gemacht hast und dich dabei ertappt hast, wie du dich auf irgendeine Art und Weise mit jemand anderem verglichen hast? Vielleicht hast du auf Instagram ein beeindruckendes Bild gesehen von irgendeiner coolen Yogini oder ein Video auf Youtube, die die perfekte Körperstellung gemacht hat und hast dir nur verzweifelt gedacht, wie weit du selbst davon entfernt bist.
Wenn du diese Gedanken kennst, dann ist dieser Artikel genau das Richtige für dich! Fabian vom Blog Soul of Yoga hat sich genau zu diesem Thema Gedanken gemacht. Ursprünglich stammt Fabian aus einer knallharten Businesswelt. Doch irgendwann hat er sich entschieden, dem Hochleistungs- und Konkurrenzdenken den Rücken zu kehren. Stattdessen tauchte er tief in die Yogalehre ein, lebte 3 Jahre in einem Ashram in Indien und liebt heute sein Leben als passionierter Yoga Teacher in Konstanz und Zürich.
Daher ist Fabian auch genau der richtige Yogi, um dir einen intensiven Einblick zu geben, warum das Vergleichen dir in deiner Yoga-Praxis eher schadet und worum es wirklich beim Yoga geht. Viel Spaß beim Lesen!
Vergleichen macht unglücklich!
Wir Menschen vergleichen sich ständig mit unseren Mitmenschen. Das ist nicht nur im Yoga so, sondern kann in allen Bereichen des Lebens. Es gibt einige interessante Studien, gerade im wirtschaftlichen oder sozial-ökonomischen Sektor, die untersucht haben, wie es sich auswirkt, wenn Menschen vergleichen, wie sie ökonomisch zu ihrem direkten Umfeld gestellt sind.
Dabei hat man herausgefunden, dass es sich sehr negativ auf das wahrgenommene Glücksempfinden auswirken kann. Es hat sich sogar gezeigt, dass Menschen, die in wohlhabenderen Gegenden wohnen, höhere Suizidraten aufweisen. Dabei wurde die These aufgestellt, dass das daran liegen könnte, dass sich diese Menschen ständig mit dem enormen Wohlstand um sich herum vergleichen und dadurch unglücklich werden, da sie damit nur schwer mithalten können.
Die Tendenz sich mit anderen Menschen zu vergleichen, schleicht sich sehr schnell in die eigene Yogapraxis ein. Ob im Yogastudio oder mit einem Youtube-”Star”. Dies kann unterschiedlichste Formen annehmen. Bei Frauen mag es z.B. darum gehen, möglichst gut auszusehen in einer schönen Lululemon Yoga-Leggings, wo alles knackig sitzt und ja nichts an der falschen Stelle raus steht. Sorry, ich bin ein Mann, falls ich falsch liege, mag ich mich schon mal bei euch entschuldigen! Bei Männern geht es vielleicht mehr darum, wie gut und wie lange sie die einzelnen Asanas halten können, als Ausdruck ihrer Stärke. Welche Form der Vergleich auch annimmt, hilft er uns weiter?
Worum es bei Yoga wirklich geht
Die grundlegende Frage ist, worum es denn überhaupt beim Yoga geht. Jeder Mensch beginnt Yoga vermutlich aus einem anderen Grund: Den einen plagen Rückenschmerzen, die er loswerden möchte; die andere ist vielleicht von Stress oder innerer Unruhe geplagt oder ist auf der Suche nach „Mehr“, wie es bei mir der Fall war, als ich mich auf die Reise des Yoga begeben hatte. Wieder ein anderer möchte körperlich fitter werden oder vielleicht einen spirituellen Weg gehen.
Um den Kern und den Ursprung der Tradition von Yoga zu betrachten, ist es gut, sich einmal die Bedeutung des Wortes anzuschauen. Yoga bedeutet „Einheit“. Wir kennen diese „Einheit“ vielleicht auch nicht, haben hier und da zwar schon einmal ein gewisses Einheitsgefühl und Verbundenheitsgefühl wahrgenommen, aber diese große Einheit, von der im Yoga gesprochen wird, ist meistens nur ein Gedankenkonstrukt, das viele von uns noch nicht erlebt haben.
Yoga bietet all die Werkzeuge und Methoden, die uns ein Stückchen näher zu dieser Einheit bringen, indem sie uns lehren, unsere Einschränkungen zu überwinden. Wir durchbrechen im Yoga die Grenzen, die wir gezogen haben und die uns bisher daran hinderten, diese Einheit zu erleben.
Diese Einschränkungen können sowohl körperlich, emotional oder auch mental sein. Wahrscheinlich gibt es auch noch tiefere Ebenen, die wir nicht deutlich wahrnehmen können, wie zum Beispiel die energetische Ebene, von der im Yoga oft gesprochen wird.
Dein einziger „Konkurrent“ beim Yoga bist du selbst
All diese Limitationen sind sehr individuell und von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Sie haben sich über Jahre hinweg aufgebaut, oftmals haben wir sie selbst unbewusst aufgebaut. Der eine hat vielleicht sehr starke körperliche Einschränkungen, kann sich nicht gut dehnen, ist unflexibel. Andere haben sehr negative Gedankenmuster oder neigen dazu, pessimistisch zu sein. Ebenso gibt es emotionale Grenzen. Ich bin zum Beispiel zum Teil sehr zurückhaltend in öffentlichen Situationen und tendiere manchmal dazu, introvertiert zu sein. Das sind sehr persönliche Verhaltensmuster, die man über Jahre entwickelt hat, und vielleicht bereits als Kind über sein Umfeld aufgenommen hat.
Um diese individuellen, persönlichen Einschränkungen zu überwinden, ist es entscheidend, dass wir uns auf uns selbst besinnen, auf unsere Grenzen. Wenn du dich also mit jemandem vergleichen willst, dann mit dir selbst! Bist du im Vergleich zu gestern ein Stück besser geworden? Bist du heute ein wenig glücklicher? Sind deine Gedanken vielleicht ein wenig positiver als gestern? Kannst du dich heute ein wenig mehr in einer Asana entspannen?
Dieser nach innen gerichtete Fokus ist einer der Gründe weshalb es z.B. im klassischen Hatha Yoga niemals Spiegelwände in den Studios gibt. Man möchte jeglich unnötigen Ablenkungen vermeiden und ein möglichst förderliches Umfeld schaffen, in der man seine eigene Yogapraxis bestmöglich entfalten kann.
Es bringt uns viel mehr voran, uns zu fragen, wo wir heute im Vergleich zu gestern, zu vor einer Woche oder zu vor einem Monat stehen. So können wir unsere Grenzen überwinden, die uns daran hindern, uns nach innen zu wenden und tiefer zu gehen, um diesem Gefühl von Einheit ein Stückchen näher zu kommen. Deswegen wird Yoga oft als destruktiver Prozess beschrieben, weil es nicht darum geht, etwas aufzubauen, sondern die Mauern niederzureißen, um all das, was irgendwo in uns schlummert, zu erfahren. Ansonsten geht es aber vor allem darum: Unser Yoga zu genießen!
Wie uns der Vergleich mit anderen aufhalten kann
Ein kurzes Beispiel aus dem Sport: Manchmal in den Wettrennen sieht man, dass die Läufer, die ganz vorne sind, sich häufig umschauen und checken, wo der Läufer hinter ihnen ist. Sobald sie merken, dass sie einen ausreichenden Vorsprung haben, hat man das Gefühl, dass sie plötzlich nicht mehr alles geben. Der Läufer entspannt sich, er wird nicht mehr das Maximum rausholen, er wird nicht mehr gegen sich selbst „kämpfen“.
Deshalb kann der Vergleich mit anderen einen persönlich auch zurückhalten. Wir wissen gar nicht, wie weit wir gekommen wären, wenn wir uns nicht mit anderen verglichen hätten.
Es gibt ein wahnsinnig inspirierendes Video auf Youtube von Arthur, einem knapp 50-jährigen Veteran aus den USA. Arthur hatte körperlich sehr viel Probleme: Er war sehr stark übergewichtig, hatte aufgrund seiner Vergangenheit als Fallschirmspringer Verletzungen an den Knien und konnte ohne Krücken nicht mehr gehen. Die Ärzte haben ihm gesagt, er hat keine Chance auf Besserung und wird nie mehr normal laufen können. Doch er hat sich davon nicht unterkriegen lassen und mit Unterstützung eines Yogalehrers angefangen, regelmäßig zu praktizieren.
Heute kann Arthur wieder normal gehen und sich bewegen. Welchen Effekt hätte es für ihn gehabt, wenn er in ein Yogastudio gegangen wäre und sich mit anderen Menschen verglichen hätte, die vielleicht schon viele Jahre lang Yoga machen? Er hat sich jedoch selbst als Maßstab genommen und angefangen, Stück für Stück Fortschritte zu machen. Er hat sich auf sich selbst konzentriert und ein medizinisches Wunder geschaffen, weil er an sich selbst geglaubt hat.
Dein persönliches Wachstum ist das Einzige, was zählt
In dem ganzen Prozess bei Yoga geht es um das Wachstum selbst. Es geht darum, Stück für Stück zu wachsen, uns zu entwickeln und Grenzen zu durchbrechen. Denn es ist genau dieser Wachstumsprozess, der uns zu besseren Menschen macht. Mental wie körperlich.
Deswegen möchte ich dich darin bestärken, dich beim Yoga wirklich nur auf dich selbst zu konzentrieren. Auch ich muss mich oft daran erinnern – vor allem, wenn man tolle Videos, Fotos oder andere Yogi(nis) sieht und man dadurch verleitet wird, die beeindruckenden Posen mit den eigenen zu vergleichen. Doch es ist wichtig, sich ständig vor Augen zu führen, worum es beim Yoga geht. Es geht weniger darum, wo wir heute sind. Mehr geht es darum, zu wachsen und sich Schritt für Schritt nach vorne zu bewegen. Es geht um den Prozess und darum, zu einem besseren Menschen zu werden.
Wenn dir der Artikel gefallen hat, schau gern mal auf meinem Blog Soul of Yoga oder meinem Youtube Channel vorbei! Ich würde mich freuen!
Liebe Grüße aus Konstanz,
Fabian
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