„Sadly, however, there’s almost no one whom we treat as badly as ourselves.“

– Kristin Neff –


Montag hatte ich ein „großartiges“ Erlebnis und ich konnte viel über mich lernen. Wie ihr wisst, beschäftige ich mich gerade sehr viel mit dem Thema Self-Compassion. Ich möchte lernen, wie ich liebevoller mit mir selbst umgehe. Besonders in stressigen Zeiten. Dabei ist es ganz wichtig, sich selbst im Alltag zu beobachten.  Ich erzähle euch nun eine kleine Episode von mir, wie sie euch vielleicht auch nicht unbekannt ist.

baumkrone

Nach einem langen Tag voller Außer-Haus-Terminen kam ich nach Hause. Ein bisschen genervt, ausgelaugt und müde. Ich schaute in meine Handtasche und wollte mein iPhone herausnehmen. Nach kurzer Kramerei in den unendlichen Tiefen der Handtasche habe ich es nicht auf Anhieb gefunden. Also Tasche ausgeleert, jedes Teil umgedreht, aber nichts gefunden! Dann fing die Gedankenkette an: „Mist, wo ist mein Handy? Ich habe es doch in die Tasche gelegt, als ich aus dem Dienstwagen ausgestiegen bin. Such noch mal!“ Natürlich war das Handy auch nach dem zweiten Suchanlauf nicht in der Tasche zu finden. „Wo könnte es denn noch sein? Man Kristin, warum legst du deine Sachen nicht mal ordentlich weg?“ Ich suche also weiter, überall dort wo ich nach der Heimkehr gewesen bin. Schlafzimmer, Flurschrank, Küche….nichts. „Wo soll es denn noch sein? Wahrscheinlich bist du doch so blöd und hast es im Dienstwagen liegen lassen….war ja klar, dass dir das passiert. Deiner Kollegin gibst du noch den Hinweis, dass sie alles mitnehmen soll und selbst lässt du was liegen. Echt großartig!“ Langsam setzten Kopfschmerzen ein. Ein zweites Mal wird alles durchgesucht, angetrieben von dem Gedanken „Vielleicht hast du es ja auch an unmöglichen Plätzen liegen lassen….du bist immer so in Gedanke, das wäre bei dir kein Wunder.“ Ich schaute also auch im Kühlschrank und im Katzenfutterschrank nach. Immer noch nichts! Dann wurde ich wütend: auf mich, auf die Umstände, auf den Tag. Mein Herz raste. Ich versuche mich zu beruhigen und klar zu denken. „Wo könnte es noch sein? Denk nach, denk nach, Kristin“ Doch ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Gemeinsam schauten mein Freund und ich unser Auto durch, sahen uns mit Taschenlampen den Weg zu unserer Wohnung an und fuhren sogar noch mal zum Dienstwagencenter. Nichts! Und wieder Gedankengänge: „Wie viel Geld das jetzt kostet? Und dieser Zeitaufwand? Und du weißt ja nicht mal, ob es jetzt tatsächlich verloren ist. Wieso bist du nicht organisierter? Niemand geht so schludrig mit den Sachen um wie du!

Fast resigniert kehrten wir ohne Handy zu unserer Wohnung zurück. Mittlerweile fühlte ich mich ganz klein, traurig, hilflos und verletzt. Ich hatte keine Energie mehr. Auf einmal klingelte das Handy von meinem Freund. „Ich“ rief ihn an. Als ich das sag, wusste ich schon, wer dran war. Meine Kollegin. Sie hatte das Handy aus Versehen eingesteckt. Es tat ihr total leid und ich war einfach nur glücklich, dass ich es wiederbekommen habe.

„Noch mal gut gegangen“, freute sich mein Verstand. Aber mein Körper und meine Seele sagten etwas anderes. Ich bin in dieser Situation nicht gut mit mir umgegangen. Ich habe mir selbst nicht vertraut, obwohl ich unterbewusst, die ganze Zeit dachte, dass ich das Handy nicht verloren habe. Am Ende hatte ich zwar mein Handy wieder, aber Kopfschmerzen und ein bedrücktes Gefühl blieben zurück.

Dieses Beispiel zeigt mir, wie wenig liebevoll ich besonders in Stresssituationen mit mir umgehe. Statt positiver, beruhigender Worte kommt harte Kritik in meinem Kopf auf. Ich habe mich regelrecht fertiggemacht. 

Es war sehr lehrreich, diese Situation zu beobachten. Ich habe darin einen meiner inneren Kritiker („den Ordnungskritiker“) wiedererkannt und weiß nun auch, wann und woher er kommt. Außerdem habe ich ganz deutlich wahrgenommen, wie ich mich danach fühle, wenn ich diesem Kritiker freie Bahn in meinem Kopf gebe. Dieses Wissen hilft mir, zukünftig solche Reaktionen früher zu bemerken und dann mit viel Übung einen anderen Weg – als den gewohnten – einzuschlagen.

Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Dies ist auch in dem Self-Compassion-Buch so beschrieben. Beobachte dich selbst und du wirst so viel sehen.

Alles Liebe Kristin