„Verena, was ist das? Sauerkrautsaft?!“, sagt meine Freundin Dani und zieht das Tetrapack mit spitzen Fingern aus meinem Küchenregal. Auch die Leinsamen, die ich inflationär überall hineinkippe, wurden schon mit abschätzigem Blick beäugt und mein geliebter Rosmarin zu Tannennadeln degradiert. Brennnesseltee scheint für viele auch eher eine moderne Foltermethode als ein wohlschmeckender Drink zu sein. Und ich werde nie den Blick meiner Freundin Candy vergessen, als sie selber kandierte Rosenblätter beim Umzug in eine Kiste einräumte und dabei mit dem Kopf schüttelte. Solche Fundstücke in meiner Küche verbuchen meine Freunde als typisch ökotrophologisch bzw. typisch Verena.
Derzeit kann ich jeder etwas spitzen Bemerkung über meine „Ernährungsschätze“ mit einem unschlagbaren Begriff kontern: Das sind heimische Superfoods! Klingt doch richtig fancy, oder? Das macht mich mehr zur Trendsetterin als zur schrulligen Ernährungstante, und neben einer kleinen Imagepolitur für mich selbst kann ich auch noch ein bisschen Marketing für die heimischen Varianten dieser Powerlebensmittel machen. Aber Spaß beiseite, das Wort „Superfood“ kann man als aktiver Teil der Ernährungsbranche fast nicht mehr hören! Beinahe täglich ploppt ein neues Wunderlebensmittel am Firmament der Superfoods auf. Kristin hat hier ja schon hier und dort einige Artikel zu Superfoods geschrieben, und sie machen deutlich, dass Superfoods, wenn sie in eine gesunde und cleane Ernährung eingebaut sind, auch richtig Sinn machen.
Für mich verdeutlicht der Hype um Superfoods eines ganz klar: Unser (cleanes) Essen kann Superkräfte haben. Essen bzw. Nahrung bestimmt maßgeblich über unser Wohlbefinden, unsere Stimmung und unsere Leistungsfähigkeit. Wir können so sehr von einer ausgewogenen Ernährungsweise profitieren. Der persönliche Turbo liegt auf unseren Tellern – das muss man sich nur einmal bewusst machen. Auch das große Interesse an dem, was in Lebensmitteln steckt, freut mich persönlich sehr, und dafür ist auch der Superfood-Trend verantwortlich. Zugegeben, Acai, Goji und Chia klingen schon ein bisschen schicker als Tomaten, Radieschen und Spargel – aber hey, gebt ein paar der heimischen Vertreter der Spezies Superfood einfach mal eine Chance. Ihr werdet überrascht sein, welche Kräfte in unseren heimischen Superfoods stecken.
Kleine Powerpakete
Der hohe Ballaststoffgehalt macht Leinsamen zu einem wahren Superfood. Ballaststoffe quellen auf und erhöhen damit das Volumen unserer Speisen, was eine lange Sättigung zur Folge hat. Ob im Müsli, im Brot, im Smoothie oder als Topping auf dem Salat, es gibt viele Möglichkeiten, die Powerkörnchen in die tägliche Ernährung einzubauen. Dazu immer ausreichend trinken, um das Quellen zu begünstigen! Die in Leinsamen enthaltenen Schleimstoffe schmeicheln unserem Darm und sorgen für eine gute Verdauung. Zudem kann die Ölsaat als Lieferant wertvoller Omega-3-Fettsäuren punkten. Leinsamen sind auch in Bio-Qualität sehr günstig zu erwerben, und meiner Meinung nach sind ein bis zwei Teelöffel täglich ein Must-have in der gesunden Ernährung.
Sauer macht fit
Das nächste heimische Superfood ist Sauerkraut, das leider oft nur als Beilage zu deftigen Fleischgerichten serviert wird. Sauerkraut sollte eigentlich der Star auf dem Teller sein, denn es ist eine wahre Vitamin-C-Bombe. Durch das Erwärmen kommt es zwar zu Verlusten an Vitamin C, jedoch ist auch im zubereiteten Sauerkraut noch ein großer Anteil des Vitamins enthalten. Ein weiteres Plus ist die Milchsäure, die sich positiv auf die Darmflora auswirkt und damit eine gute Basis für die Immunabwehr schafft. Der anfangs erwähnte Sauerkrautsaft ist geschmacklich schon eine echte Herausforderung, ich geb’s zu. Dank seiner Milchsäure bringt er jedoch Schwung in den Darm und ist ein natürliches Hilfsmittel bei Verstopfung. Sauerkraut schmeckt auch kalt als Salat. Ich mag die Kombination mit Orangenstücken und Walnüssen sehr gerne. Auch Sauerkrautsuppe schmeckt mir persönlich sehr gut. Zudem ist das Gemüse sehr kalorienarm, macht aber durch seinen Ballaststoffgehalt lange satt.
Scharfe Kugeln
Auch Radieschen sind heimische Superfoods, denn sie enthalten Senföl, was ihnen die charakteristische Schärfe verleiht. Es wirkt antibakteriell und unterstützt den Körper bei der Abwehr von Viren. Zudem liefern Radieschen die Vitamine A, B1, B2 und C. Das kleine Gemüse zählt genauso wie Rettich oder Kohlrabi zu den Kreuzblütlern. Auch die beiden größeren Verwandten punkten mit antibakteriellen Senfölen. Wer hätte gedacht, dass der Radi (aufgeschnittener Rettich mit etwas Salz), den man u.a. traditionell im Biergarten futtert, ein echtes heimisches Superfood ist?
Vitalstoffpfeil
Spargel enthält Asparaginsäure und Kalium, die die Nierenfunktion anregen, entwässernd wirken und damit einen reinigenden Effekt haben. Er liefert sehr wenige Kalorien (unter 20 kcal pro 100 g), da er hauptsächlich aus Wasser besteht, und ist somit ein echtes Schlankfood. Folsäure, Magnesium, Eisen, Zink und Mangan sind weitere wertvolle Inhaltsstoffe des königlichen Gemüses. Um sie zu schützen, sollte Spargel nur kurz gedünstet werden – bissfest schmeckt er eh am besten, wie ich finde. Oft wird Spargel in Kombination mit Sauce hollandaise serviert, und die Soße macht auf dem schlanken Gemüse eine totale Fettbombe. Klar, kann man sich so etwas mal gönnen, aber es gibt viele andere Kombinationen, die ausgewogener sind und super schmecken. Grüner Spargel als Salat mit Erdbeeren, Pinienkernen, schwarzem Pfeffer und etwas Balsamico-Essig zum Beispiel.
Rote Kraft
Ab Juli beginnt die Saison für heimische Tomaten, die ihr im Super- oder Bio-Markt häufig an den regionalen Siegeln erkennen könnt. Tomaten enthalten den Farbstoff Lycopin, der sie zum Status Superfood qualifiziert. Er wirkt antioxidativ und schützt so unsere Zellen vor freien Radikalen, die für die Begünstigung einiger Krankheiten verantwortlich gemacht werden. Außerdem schützt Lycopin vor oxidativem Stress. Viel Lycopin liefert neben der Tomate auch die Hagebutte. Jedoch finde ich, dass man Tomaten leichter in die tägliche Ernährung integrieren kann. Zum Beispiel auf einem schönen Vollkornbrot mit Frischkäse und Tomaten, in jeder Form einer bunten Gemüsepfanne oder als kleiner Tomaten-Snack zwischendurch. Das heimische Superfood passt überall!
Daher seht ihr: Es warten einige heimische Superfoods auf euch, wie ich hoffentlich mit dieser kleinen Auswahl demonstrieren konnte. Kauft am besten saisonal und regional ein, soweit es möglich ist, dann habt ihr die besten Chancen, auch „dahoam“ von den tollen Inhaltsstoffen dieser einfachen Superstars zu profitieren. Euch fallen sicherlich tolle Kombinationen aus exotischen und heimischen Superfoods ein. Wie wäre es zum Beispiel mit Radieschen gemixt mit Mango und Spinat in eurem Superfood-Smoothie? Ich persönlich bin sehr dankbar, was für tolle Möglichkeiten es gibt, seine Ernährung abwechslungsreich und bunt zu gestalten.
Und nun lasst mich doch mal austauschen: Welches ist denn euer persönliches Superfood?